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Schäufele, Schäufele
Fränkisch Essen im Xtra Gleis in Hörstel

Schäufele, Schäufele - Fränkisch essen im Xtra Gleis in Hörstel

von Victoria Lennerz am 05.02.2023

Der etwas andere Bahnhof

Hörstel hat einen Bahnhof. Der ist zwar klein, bietet aber eine Verbindung nach Rheine und Braunschweig. Entgegen den meisten kleinen Bahnhöfen, die ich kenne, bietet dieser hier keinen schmuddeligen Unterstand, sondern das „Xtra Gleis“. Das ehemalige Bahnhofsgebäude ist seit einigen Jahren ein Hotel und Restaurant.
Das weiß-rote Andreaskreuz, das bekannt ist bei unbeschrankten Bahnübergängen, zeigt die naheliegende Namensgebung: Das Kreuz als X mit den Buchstaben „Gleis“ leuchten über dem Eingang. In der Nähe des Eingangs duftet es schon verführerisch nach irgendwas Gebratenem: Bratkartoffeln, Zwiebeln oder Steak? Mein Magen knurrt, als ich die Stufen zum Eingang hochgehe.

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Bahngleise als Wegweiser

Ich habe eine Freundin aus Schwaben als Begleitung mit dabei, denn die fränkische Küche ist mir nicht so geläufig. Aber ein kurzer Blick in die Karte auf der Webseite lässt mich auf eine meiner Leibspeisen freuen: Käsespätzle!
Bahngleise, die unter einer Glasscheibe auf dem Boden liegen, zeigen uns den Weg ins Restaurant. An den Wänden sind Vierertische mit rot bezogenen hohen Sitzmöbeln ausgestattet, die an Sitzplätze in einem Waggon erinnern. Der freie Teil des Raumes ist durch eine lange Tafel besetzt. Es ist sehr voll an diesem Samstagabend. Wir bekommen einen Platz an einem der Tische mit den Waggonsitzen.

Fränkische Küche

Die Karte ist voll von deftigen Speisen: Leberkäse, Fränkisches Gulasch und Burger. Aber auch die fleischlosen Alternativen lassen mir das Wasser im Munde zusammenlaufen. Hier finden sich Parmesan-Spinatknödel oder Pasta mit frischem Gemüse. Die meist bestellte Speise aber springt mir durch eine Sonderkarte ins Auge: Fränkischer Schäufele. Das ist ein Braten aus der Schweineschulter und wird komplett mit Knochen und Schwarte serviert. Aber meine Wahl ist schon vor dem Blick in die Karte gefallen, auch wenn mir viele verlockende Alternativen ins Auge springen! Ich nehme die Käsespätzle, meine Freundin entscheidet sich für das Brauhausschnitzel mit Brezelpanade und knusprigen Bratkartoffeln.

Ein Stückchen Frankenland im Münsterland

Während wir auf unser Essen warten, bekommen wir Besuch vom Geschäftsführer Udo Berndt. Er erzählt uns, dass seine Frau aus Franken (übrigens eine Region in Bayern) komme und sie in Bad Laer ein Restaurant und Hotel vor dem Xtra Gleis geführt haben. „Eigentlich wollten wir ein Wirtshaus. Das hier entsprach nicht unseren Vorstellungen, aber die Umstände haben gepasst“, erzählt er uns. Also haben sie zugegriffen und den Pachtvertrag für Hotel und auch für das Restaurant unterschrieben.

Alle Zutaten, die das Münsterland zu bieten hat, kommen auch aus dieser Region. Gemüse und Obst beziehen sie vom nahegelegenen Hofladen Junge Bornholt in Riesenbeck, aber alle Zutaten, die es hier nicht gibt, kommen direkt aus Franken. Schäufele könnten sie hier beim Metzger nicht bekommen. „Wir machen das so, wie wir es für richtig halten“, erklärt uns Herr Berndt mit einem Augenzwinkern und weist auf die Getränkekarte, die beispielsweise nur Schnäpse und Liköre aus Franken oder dem Münsterland aufweist, aber keine Bitterliköre, wie man sie in Clubs mit Energydrinks mischt. Grünkohl und Gans zur passenden Saison findet man hier nicht, dafür aber saisonal Wild, das zu Burgerpatties, Lasagne oder Gulasch verarbeitet wird. „Unsere Gäste kommen hierhin, weil sie fränkisch essen möchten. Zum Grünkohlessen gehen sie woanders hin.“ Hier kennt man seine Gäste gut…

Alles neu macht der Winter

Trotz der vielen Menschen im Lokal ist die Akustik angenehm. Wir werden auf die neu installierten Akustikplatten an der Zimmerdecke und die schallschluckenden Bildern an der Wand hingewiesen. Im Januar wurde das Restaurant damit ausgestattet.

Unser Essen kommt und ich freue mich schon sehr über die Käsespätzle. Die feinen Käsefäden ziehen sich von der Gabel zum Servierpfännchen, wenn ich mir eine Gabel mit Spätzle aufhäufe, und ich genieße das Essen sehr. Sowas würde ich mir niemals selbst kochen! Ich darf auch das Brauhausschnitzel probieren und bin ein klein wenig neidisch. Das wäre auch gut gewesen… Während wir schweigend unser Essen genießen, sehe ich mir die Bilder von meinem Platz aus an. Historische Aufnahmen in Sepia vom Bahnhof Hörstel oder Teilen des Ortsteils Hörstel kann ich hier sehen. Plötzlich fängt der Boden ganz leicht an zu vibrieren und wir können ein gleichmäßiges Rattern hören. Ein Blick aus dem Fenster verrät mir, dass gerade ein weißer Schnellzug den Hörsteler Bahnhof passiert. Nach einigen Sekunden ist wieder nur das Geschnatter der anderen Gäste zu vernehmen.

Insidertipp

Probiere das dunkle Bier: Münnerstädter Urstoff. Passt perfekt zum Schnitzel, aber auch zu den Käsespätzle!
Im Sommer gibt es draußen Sitzplätze im Schatten von ausladenden Kastanienbäumen.

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Feiner Abschluss

Wir sind ziemlich voll nach dem Essen, aber Platz für eine Nachspeise ist doch immer vorhanden, oder? Uns werden die Mousse au chocolat und die Apfelküchlein empfohlen und kurze Zeit später auch serviert: Die Mousse ist weiß und wird von Zwetschgen umsäumt. Sie schmeckt fantastisch und ich bin sehr froh, dass wir uns dazu entschieden haben, die Nachspeise zu teilen. Die Apfelküchlein sind frittierte Apfelringe mit Vanilleeis. Auch sehr lecker!

Nachdem sich das Restaurant langsam leert, entscheiden wir uns ebenfalls aufzubrechen, möchten aber vorher nochmal einen Blick in den Gewölbekeller werfen. Wir schreiten wieder die Schienen entlang direkt auf ein riesiges Bild von einem Zug zu und gehen nach unten in den Gewölbekeller. Witzig finde ich den Kleiderständer, der aus einer alten Bahnschiene gefertigt wird. Hier unten ist es alles etwas enger und uriger. Die Deckenhöhe ist niedriger und sowohl Decke als auch Wände sind aus Stein. Hier möchte ich auch gerne nochmal sitzen – ein Grund mehr nochmal wiederzukommen.

Als wir die Tür nach draußen aufdrücken, leuchtet uns der rote Aufkleber in Schuhform entgegen. „Tiemann testet“ von der WDR Lokalzeit war also auch schon hier! Dann können wir sein Urteil nur bestätigen, denn das ist mit Sicherheit gut ausgefallen.

Info

Öffnungszeiten Restaurant: Dienstag bis Samstag ab 17.00 Uhr, Sonntag 11.30 bis 14.00 Uhr und ab 17.00 Uhr,von April bis September sonntags durchgehend geöffnet.
Tischreservierungen sind auch online möglich: xtragleis.de

Lageplan Xtra Gleis Hörstel

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Über Victoria Lennerz

Mein Name ist Victoria und ich bin Social Media Managerin beim Münsterland e. V. Durch die Blogger- und Influencerkooperationen, die ich bei uns koordiniere, stoße ich immer wieder auf die „hidden gems“ im Münsterland dank Tipps der Einheimischen und Kooperationspartnerinnen und –partnern aus den Münsterland-Kommunen. Es freut mich jedes Mal, wenn ich meine Entdeckungen teilen und damit beweisen kann, dass das Münsterland alles andere als langweilig ist. Die meisten Orte habe ich schon selbst, mit Freunden oder meiner Familie besucht. Dadurch bekomme ich neben meinen eigenen Eindrücken auch gleich die Meinung von Außenstehenden mit, die nicht jeden Tag die „Münsterlandbrille“ auf der Nase sitzen haben. Auch wenn die Region nicht vor Höhenmetern strotzt und weltweit bekannte Wahrzeichen beheimatet, überrascht sie mich doch jedes Mal aufs Neue.

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