Kutschenkorso durch die Altstadt von Telgte © Cornelia Höchstetter

Letzte Chance 2026: Kutschenwallfahrt Telgte

von Victoria Höwische am 30.05.2025

2025 wurde veröffentlicht, dass die Kutschenwallfahrt durch Telgte, die alljährlich am Feiertag von Christi Himmelfahrt stattfindet, zum vorletzten Mal durchgeführt wird. In den vergangenen Jahren ist die Teilnehmerzahl der Kutschen immer weiter gesunken und die einzigartige Wallfahrt im Münsterland gehört bald der Geschichte an.

Erstmal Ankommen

Ich habe mich aus diesem Grund dazu entschlossen mir die Kutschenwallfahrt anzusehen, denn eigentlich dachte ich, dass dieses Spektakel in Telgte immer schon war und auch immer bleiben wird. Aber gerade, wenn das Gut knapp wird, ist es interessant, nicht wahr?!

An diesem bewölkten, aber warmen Feiertag mache ich mich auf den Weg nach Telgte. Laut Programm geht es um 11 Uhr auf der Planwiese los. Um kurz nach elf bin ich am Veranstaltungsort und mit mir ein paar Besucherinnen und Besucher, dazu einige wenige Kutschen und Pferde. Die meisten Pferde und Ponys sind nur mit Halfter und Strick an Anbindestellen gesichert, andere an ihrem Pferdetransporter festgebunden. Eine Mischung aus Backfisch- und Würstchengeruch durchzieht die Luft und einige Besucherinnen und Besucher schlendern auf dem Gelände entlang, bleiben bei den Ponys stehen oder sichern sich bereits einen der wenigen Sitzplätze vor der Bühne, auf dem später der Gottesdienst abgehalten wird.

Nach und nach treffen neue Kutschen ein, erst vereinzelt, dann in kleinen Gruppen. Mal historische Kutschen mit Blumen geschmückt, die Insassen fein gekleidet, dann wiederum Marathonkutschen, die bequemer aussehen, aber auch kleine Gespanne mit Shettys sind zu sehen. Sofort drängen sich einige Besucherinnen und Besucher zum Einfahrtstor und zücken ihre Handys für ein erstes Foto der Gespanne.

Es gibt historische Kutschen und Marathonkutschen. © Münsterland e.V.

Warum ist 2026 Schluss?

Jedes Gespann sucht sich einen Platz auf der kleineren Wiese, die an die Hauptstraße grenzt und von hohen Bäumen gesäumt wird. Dort werden die Pferde abgeleint, bekommen Heu und Wasser. Ich geselle mich zu einem Gespann und frage den Kutschfahrer, warum er an der Kutschenwallfahrt teilnimmt und ob es Beschränkungen gibt. „Nein“, antwortet er mir, „jeder kann hier teilnehmen. Die Pferde sollten gesund und die Kutsche intakt sein, ansonsten gibt es keine Teilnahmevoraussetzungen. Wir treffen uns immer in Westbevern einen Tag vorher, übernachten dann dort auf einem Hof, die Pferde auch. Heute Morgen um 9 Uhr sind wir dann gemeinsam als Gruppe losgefahren. Mit vielen Schrittpausen schafft man es gut bis nach Telgte.“ Dabei tätschelt er seinem Haflinger den Hals. Er bedauere, dass nächstes Jahr das letzte Mal sei, aber man müsse aufhören, bevor es noch weniger Kutschen werden, schiebt der Kutscher nach. „Das Hobby Pferd wird immer teurer. Manche geben auf, weil sie es sich nicht mehr leisten können. Andere können nicht mehr mitfahren, weil die Pferde und sie selbst zu alt geworden sind. Leider sind auch schon ein paar Ehemalige verstorben. So wird der Kreis immer kleiner, obwohl wir offen für neue Teilnehmende sind!“, beteuert er. Ich wünsche ihm noch einen schönen Tag bei der heutigen Wallfahrt, als ich mich verabschiede.

Auf der anderen Seite kommt Bewegung ins Geschehen, denn die Messdienerinnen und Messdiener mit Prediger und weiterem Gefolge kommen auf das Gelände und steuern die Bühne an. Daneben stimmt bereits die Jagdhornbläsergruppe ein ruhiges Stück an. Mit dem Rauschen der Blätter durch den Wind klingt das Ganze sehr bedächtig. Während einige der Messe unter freiem Himmel beiwohnen, genießen andere ihr Mittagessen unter dem Blätterdach. Jetzt dauert es noch gute zwei Stunden, bis die Kutschen sich wieder in Bewegung setzen und durch die Altstadt ziehen. Ich gönne mir auch erst einmal eine Pause.

Der Höhepunkt: die Wallfahrt durch die Altstadt

Die Route durch die Altstadt von Telgte ist bekannt, daher suche ich mir nach gegebener Zeit einen Platz an einer Kurve in der Hoffnung, möglichst viel von den Kutschen sehen zu können. Ein Raunen in der Menge verrät mir, dass die erste Kutsche bereits in Sicht ist. Im Schritt fahren sie nach und nach die Strecke ab. Ich stehe auf der Zielgeraden, deswegen biegen einige Kutschen schon ab, bevor ich sie vollständig sehen kann, und fahren wieder nach Hause. Nach dem Umzug durch die Stadt ist die Veranstaltung vorbei. Ein letztes Mal genieße ich den Anblick der schönen Pferde und Kutschen und die liebevollen Details – etwa Blümchenarrangements in geflochtenen Mähnen oder die besonderen Outfits der Damen. Der Krankenwagen als Absicherung besiegelt das Ende der Teilnehmenden, jetzt sind wirklich alle Kutschen durch.

Auf meinem Weg zur Wallfahrtskapelle kommt mir doch noch ein Nachzügler entgegen: ein kleines geschecktes Pony mit zwei Männern in Tweed-Anzügen und Schiebermützen. Sehr stylish!

Ich habe den Tag bei der Kutschenwallfahrt in Telgte sehr genossen und kann nur die Empfehlung aussprechen: Sieh es dir nächstes Jahr an - das ist deine letzte Chance!

Der Kutschenkorso zieht durch die Altstadt von Telgte © Cornelia Höchstetter

Lageplan

Das könnte dir auch gefallen

Heißsporne und Kaltblüter
Im Herbst zeigen sie ihr ganzes Können: Die Warendorfer Hengste präsentieren sich unter dem Sattel, vor der Kutsche und in atemberaubenden Schaubildern!
Wilde Pferde im Münsterland
Wusstest du, dass es im Münsterland gleich vier Orte gibt, wo du wildlebende Pferde beobachten kannst? Genieße die Ruhe und beobachte die Pferde in der wunderschönen Natur unserer Region.
Zu Besuch bei den Alpakas auf dem Engelshof in Wettringen
Nur Flausch im Kopf – unsere Allrounderin Kristina stellt sich der Herausforderung, mit Alpakas spazieren zu gehen. Spoiler: Das klappt ganz wunderbar!
Victoria Höwische © Victoria Lennerz

Über Victoria Höwische

Mein Name ist Victoria und ich bin Social Media Managerin beim Münsterland e. V. Durch die Blogger- und Influencerkooperationen, die ich bei uns koordiniere, stoße ich immer wieder auf die „hidden gems“ im Münsterland dank Tipps der Einheimischen und Kooperationspartnerinnen und –partnern aus den Münsterland-Kommunen. Es freut mich jedes Mal, wenn ich meine Entdeckungen teilen und damit beweisen kann, dass das Münsterland alles andere als langweilig ist. Die meisten Orte habe ich schon selbst, mit Freunden oder meiner Familie besucht. Dadurch bekomme ich neben meinen eigenen Eindrücken auch gleich die Meinung von Außenstehenden mit, die nicht jeden Tag die „Münsterlandbrille“ auf der Nase sitzen haben. Auch wenn die Region nicht vor Höhenmetern strotzt und weltweit bekannte Wahrzeichen beheimatet, überrascht sie mich doch jedes Mal aufs Neue.

weitere Artikel von Victoria Höwische